Legalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis

Die SPD setzt sich auf allen Ebenen für eine Legalisierung und somit Entkriminalisierung von Cannabis ein.
 
Die Ausgestaltung einer zeitgemäßen, an den gesellschaftlichen Realitäten und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierten „Cannabis-Politik“ soll folgende Regelungen in Form eines 2-Stufen-Modells einschließen:
 
Stufe 1:
 
Der Besitz und der Erwerb von Cannabis soll künftig bis zu einer noch festzulegenden Menge nicht mehr strafrechtlich verfolgt, sondern nur noch als Ordnungswidrigkeit behandelt werden.
Es sollen wissenschaftlich begleitete Modellprojekte (z.B. auf kommunaler Ebene) ermöglicht werden, in denen die legale und regulierte Abgabe von Cannabis an Konsument*innen erprobt werden können.
Im Straßenverkehr soll eine wissenschaftlich fundierte Höchstgrenze für den THC-Wert im Blut festgelegt werden.
 
Stufe 2: (Umsetzung nach evaluierter erfolgreicher Umsetzung von Stufe 1)
 
1.   Die kommerzielle Nutzung von Cannabis, welche den Anbau, die Verarbeitung und den   Handel einschließt, soll legalisiert, aber unter strenge staatliche Kontrolle und Lizensierung gestellt werden.
2.   Die Ausgabe soll über staatlich lizensierte Ausgabestellen (z.B. über Apotheken) erfolgen.
3.   Die Richtlinien des Kinder- und Jugendschutzes sollen beim gewerblichen Verkauf von Cannabis höchste Priorität haben.
Staatliche Einnahmen, die mit der Legalisierung von Cannabis einhergehen, sollen größtenteils für Aufklärung und Suchtprävention genutzt werden.
Es soll ein generelles Werbeverbot für Cannabis und Cannabisprodukte gelten.
Begründung:
 
Cannabis ist die in Deutschland mit Abstand am meisten konsumierte illegale Droge und damit wie Alkohol und Tabak längst zu einer „Volksdroge“ geworden. In den letzten Jahren hat insbesondere der Konsum in der Altersgruppe der 12- bis 25-jährigen überproportional zugenommen. Dies zeigt nachdrücklich, dass die Verbotspolitik der letzten Jahrzehnte gescheitert ist.
 
Anerkennung wissenschaftlicher Fakten und therapeutischer Nutzen
 
Dass Cannabis eine Droge ist, soll nicht bagatellisiert werden, doch wissenschaftlich ist längst nachgewiesen, dass sie nicht gesundheitsschädlicher als Tabak und insbesondere Alkohol ist – von den weitreichenden sozialen Auswirkungen des Alkoholmissbrauchs ganz zu schweigen. Wissenschaftlich widerlegt ist auch die Grundannahme, dass Cannabis die Einstiegsdroge zu „härterem Konsum“ sei. Zudem ist mittlerweile die medizinisch-therapeutische Nutzbarkeit von Cannabis unbestritten, weshalb der Gesetzgeber mit dem „Cannabis-Gesetz“ 2017 den Weg für eine ärztlich verordnete Abgabe freigemacht hat. Dennoch ist für viele Patient*innen der Genehmigungsprozess immer noch eine große Hürde; zudem erschweren Lieferengpässe die Versorgung und sind viele Ärzt*innen verunsichert. Eine vollständige Legalisierung unter den oben genannten Rahmenbedingungen würde für viele Patient*innen und Ärzt*innen Rechtssicherheit schaffen und viel Leid mindern.
 
Abkehr von einer gescheiterten Cannabis-Politik und ihren Folgen
 
Die repressive Drogenpolitik in Bezug auf Cannabis hat definitiv nicht zu einer Minderung des Konsums geführt. Ganz im Gegenteil: Der durch das Verbot entstandene Schwarzmarkt ignoriert nicht nur Kinder- und Jugendschutzrichtlinien und macht es so minderjährigen Personen leicht, an Drogen zu kommen, sondern öffnet auch die Tür zu härteren Drogen, da die Dealer diese ebenso „im Angebot haben“. Hierdurch werden insbesondere junge Menschen gezielt und skrupellos in die Abhängigkeit geführt.
 
Naturgemäß unterliegt ein Schwarzmarkt auch nicht einer Qualitätskontrolle, was dazu führt, dass auf diesem Markt „Produkte“ angeboten werden, die nicht selten gesundheitsschädlich und abhängigkeitsfördernd sind. Eine Legalisierung, die gewerblichen Anbau und Verkauf unter staatliche Kontrolle und Lizenzierung stellt, kann hierbei deutlich Abhilfe schaffen und zudem sowohl einen strikten Kinder- und Jugendschutz gewährleisten als auch einen „Umstieg“ auf härtere Drogen verhindern helfen. Nur eine staatliche bzw. staatlich garantierte Qualitätsüberprüfung kann die Minimierung gesundheitlicher Risiken gewährleisten.
 
Angesichts aller bekannten Fakten dürfte mittlerweile unstrittig sein, dass die aktuelle Rechtslage wenig tauglich ist, Sucht und damit verbundene Kriminalität effektiv zu bekämpfen. Die Stigmatisierung und Kriminalisierung von Konsument*innen befördert kriminelle Karrieren eher als sie zu verhindern. Über den Schwarzmarkt, der vollständig in der Hand der organisierten Kriminalität liegt, erfolgt ein „niedrigschwelliger“ Kontakt zu kriminellen Kreisen, was die Anwerbung neuer Dealer und somit den Einstieg in die Kriminalität erleichtert. Eine Entkriminalisierung von Cannabis würde auch für Polizei und Justiz eine deutliche Entlastung bedeuten. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass ein Großteil der Verfahren zum Thema Cannabisbesitz eingestellt werden, hat sich selbst der Bund Deutscher Kriminalbeamter mittlerweile für eine Legalisierung ausgesprochen.
 
Suchthilfe und Aufklärung
 
Sucht ist eine Krankheit und kein Straftatbestand! Bei den als „Volksdrogen“ Alkohol und Tabak wird die Abhängigkeit nicht nur geduldet bzw. hingenommen, sondern damit über Steuereinnahmen auch noch prächtig verdient. Die gesundheitlichen Folgen hingegen werden auf die Solidargemeinschaft der Krankenkassen verlagert. Diese Praxis gilt es dringend zu überdenken und zu verändern.
 
Ein maßvoller Umgang von Rauschmitteln/Drogen führt nicht zwangsläufig in die Abhängigkeit, weshalb hier einer entsprechenden Aufklärung höchste Priorität einzuräumen ist. Ein verantwortlicher Konsum von Cannabis kann am effektivsten sichergestellt werden, wenn der THC-Gehalt über einen kontrollierten Anbau definiert/garantiert ist und Konsument*innen darüber Bescheid wissen. Insofern kann eine staatlich kontrollierte Abgabe sinnvoll mit Aufklärungsarbeit verknüpft werden, die hier nicht nur theoretisch, sondern über eine Anbindung an die Abgabestellen „nah an Kund*innen/Patient*innen“ erfolgen kann.
 
Süchtigen sollte mit Fürsorge, Hilfe und Suchtberatung begegnet werden, anstatt diese Personen zu kriminalisieren. Deshalb sollten Beratungsstellen für Süchtige, sowie die Suchtprävention massiv ausgebaut werden. Über die mit einer Legalisierung verbundenen staatlichen Einnahmen könnte dies in Zukunft deutlich intensiver sichergestellt werden.
 
 
Globale Trendwende – Von anderen lernen
 
International ist eindeutig ein Trend zur Entkriminalisierung und Legalisierung von Cannabis erkennbar. Mit Kanada hat im Jahre 2018 die erste große Industrienation Besitz und Konsum von Cannabis für Erwachsene legalisiert. In aktuell 10 Bundesstaaten der USA gilt dies ebenso. In weiten Teilen Südamerikas, in Mexiko sowie zahlreichen anderen Ländern wurde Cannabis mittlerweile entkriminalisiert, d.h. Besitz und Konsum gelten nicht mehr als Straftat, sondern max. als Ordnungswidrigkeit – oder werden generell geduldet.
 
In der EU sind bislang Tschechien – Eigenbedarf und Anbau von Cannabis in definiertem Rahmen sind legal – und Portugal – straffreier Eigenbedarf aller Drogen; gekoppelt mit intensiver Prävention und Aufklärung – den liberalsten Weg gegangen. Gerade Portugal hat mit der Entkriminalisierung den Drogenkonsum deutlich zurückdrängen können. In der Schweiz ist derzeit eine Initiative für eine Volksabstimmung zur Legalisierung von Cannabis in Planung, und als erstes europäisches Land hat Luxemburg angekündigt, den Besitz und Konsum von bis für den privaten Gebrauch bis Ende 2019 legalisieren zu wollen.
 
 
Die SPD geht neue Wege
 
In einem Positionspapier zu diesem Thema hat nunmehr auch die SPD-Bundestagsfraktion eine Abkehr von der bisherigen Cannabis-Verbotspolitik in Deutschland beschlossen. Dieses Positionspapier beinhaltet die Forderungen der in diesem Antrag formulierten Stufe 1. Es ist sicherlich sinnvoll, zunächst die Ergebnisse der hiermit verbundenen Maßnahmen abzuwarten und keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Gleichwohl wird es ebenso als sinnvoll erachtet, bereits heute eine Zielperspektive zu formulieren, die im Falle entsprechender Ergebnisse den eingeschlagenen Weg konsequent in Richtung vollständiger Legalisierung weitergeht. Eine solche Perspektive, soweit sie dann vertretbar sein wird, ist die SPD den vielen Menschen schuldig, die hier auf ein Umdenken und eine neue Politik setzen!
Antragsteller: OV Rheinhausen-Mitte
Adressat: UB-Parteitag, SPD Landesparteitag, SPD Bundesparteitag

Beschlussüberprüfung: