Keine weitere Öffnung der Arbeit am Sonntag

Die SPD Duisburg stellt sich entschieden gegen alle Versuche, das Arbeitsverbot am Sonntag weiter aufzuweichen. Sie tritt damit auch dem Slogan des Handelsverband Deutschland entgegen „Sonntagsshopping darf kein Tabu sein“. Angeführte wirtschaftliche Interessen halten der Schutznorm des verfassungsrechtlichen Schutzes durch das Arbeitsverbot am Sonntag nicht stand.

Begründung:

Mit Presseerklärung vom 18. Juni und Werbetrommel versucht der Verband HDE (Handelsverband Deutschland) die gesetzlichen Beschränkungen der sonntäglichen Arbeit bzw. der Sonntagsöffnung aufzubrechen. Dies geschieht nicht erstmalig, aber nun mit aus der Corona-Krise scheinbar abgeleiteten Thesen. Der grundgesetzliche Schutz der Sonntagsruhe wird mit ökonomischen Forderungen überrollt. Auch nach zurückliegenden Versuchen der schwarz-gelben Landesregierung (Stichworte „Entfesselungs-Politik“) scheitern die Aushöhlversuche regelmäßig vor den Verwaltungsgerichten. Insoweit führt die Gewerkschaft ver.di dort auch einen Kampf um die verfassungsmäßige Ordnung.

Umso mehr verwundert die „Kompromissbereitschaft“ des wirtschaftspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Frank Sundermann, der über durchaus „mehr als die sonst üblichen“ verkaufsoffenen Sonntage fabuliert. Ihm scheint vollkommen entgangen zu sein, dass der rechtliche Streit sich nicht an der Anzahl, sondern der Tragfähigkeit der Ausnahmesituation festmacht, die Sonntagsöffnungen rechtfertigen. Dazu kurz einige Hinweise:

Das Arbeitsverbot am Sonntag begründete sich für die Weimarer Verfassungsrechtler, nicht einzig aus einem religiösen Schutz des Sonntages, sondern vordringlich arbeitsschutzrechtlicher Regelungen in der ersten deutschen Republik. Es entstammt einem republikanischen Vorstoß in den Zwanzigern, der bis heute durchstrahlt. (Die Arbeitsruhe war zwar der „seelischen Erhebung“ gleichgestellt, aber doch vorangestellt. Zudem ist entstammt „seelische Erbauung“ einem inhaltlich weitergehenden sozialdemokratischen Verständnis über den Ausgleich zur Arbeit an diesem Tag).

Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919, der gemäß Art. 140 GG Bestandteil des Grundgesetzes ist, bestimmt, dass der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt bleibt.

Zum Heute: Im November 2020 hat das OVG Münster seine Rechtsmeinung bestätigt, dass verkaufsoffene Sonntage ohne prägende Anlassveranstaltung nicht rechtmäßig sind – Vorangegangen waren zahlreiche erfolgreiche Einzelklage von ver.di gegen örtliche Vorstöße.

Neben den strengen Maßstäben an die Anlassbezogenheit begründen auch die unterstellten wirtschaftlichen Nachteile (hier wg. Corona) keine Außerkraftsetzung der verfassungsrechtlichen Ordnung und des Arbeitsschutzes am Sonntag. Selbst das von der Politik angeführte Interesse an der Erhaltung des stationären Einzelhandels muss sich im Rahmen der geltenden Gesetze vollziehen und darf nicht auf Kosten derer gehen, die den verfassungsrechtlich fest abgesteckten Rahmen einhalten (Wettbewerbsneutralität).

Auch seltene ungerechtfertigte Ausnahmen vom Gebot sonntag- und feiertägliche Arbeitsruhe können nach Entscheidung des OVG nicht zugelassen werden, weil sie einen Teil des Handels unzulässig begünstigen (z.B. Innenstadtlagen) und wegen ihrer Unzulässigkeit auch den Beschäftigten nicht zuzumuten seien. Dies hat auch das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22.Juni 2020 klargestellt. Wie auch die Gerichte das Erfordernisse rechtssicherer Maßstäbe für die verfassungsrechtlich tragfähigen Ausnahmen vom grundsätzlichen Sonntagsöffnungsverbot unterstreichen. Die Folgen der Corona-Pandemie bieten keinen Anlass, die gerade erst höchstrichterlich bestätigten Maßstäbe alleine wegen eines Signals an die Wirtschaft in Frage zu stellen.

Die Gerichte verwarfen auch die Verordnungen die Seitens des Landes (NRW) in 2020 erlassen wurden. Denn sie seien nach den gebotenen strengen Maßstäben für die Aussetzung von Rechtsnormen offensichtlich rechtwidrig und nichtig. Sie würden dem verfassungsrechtlichen Schutzauftrag, der ein Mindestniveau des Sonn- und Feiertagsschutzes gewährleistet und für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuieren, widersprechen.

Die hatte auch bereits bei der rechtlichen Auseinandersetzung um das aufgeweichte Ladenöffnungsgesetz NRW gegolten, wonach Ausnahmen einen zureichenden Sachgrund von ausreichenden Gewicht erfordern, wenn aus anderen Gründen (einem Anlass) ohnehin mit einem besonderen Besucherinteresse zu rechnen sei, die auf einen zeitliche, räumlichen und gegenständlichen Umfang die Sonntagsöffnung rechtfertigen könnten und für das Publikum am betreffenden Tag als Ausnahme von der sonntäglichen Arbeitsruhe zu erkennen ist. Die Forderung nach „Sonntagsshopping darf kein Tabu sein läuft dem entgegen.

Antragsteller: AG 60plus

Adressat: SPD UB Parteitag, SPD UBV und UBA

Beschlussüberprüfung: