Für eine verstärkte EU-Industriepolitik, die Regionalpolitik mit mehr Nachhaltigkeit verbindet

Die Mitgliederversammlung möge beschließen:

Ein Schwerpunkt des SPD-Wahlprogramms zur Europawahl 2024 ist die Forderung, Wirtschaftspolitik auf eine nachhaltige Industriepolitik hin zu orientieren. Dies ist mit einer möglichst effizient gestalteten Regionalförderung zu verbinden. Dabei ist die Zusammenarbeit von Kommunen, Regionen, Bundesländern, Nationalstaaten und der EU untereinander zu verbessern. Regionale Potentiale und damit Akteure vor Ort, wie die kommunale Wirtschaftsförderung, sind optimal zu nutzen. Der Bereitstellung von Infrastrukturen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu. Regionen im Strukturwandel, wie das Ruhrgebiet, bieten aufgrund vorhandener Infrastrukturen, Verkehrswege, Arbeitskräftepotentiale und Kaufkraft erhebliche Chancen für eine erfolgreiche und effiziente Regionalförderung. Hierfür, sowie für nachhaltige industrielle Transformationsprozesse in diesen Regionen (u.a. die Wasserstoffstrategie), sollten in Zukunft über die EU verstärkt mehr Fördermittel bereitgestellt werden, die durch aufzustockende nationale Fördermittel etwa der ‚Gemeinschaftsinitiative zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur‘ zu ergänzen wären.

Industriepolitik und Technologieförderung für eine stärker wissensbasierte Ökonomie, Transformationsprozesse im Rahmen des Europäischen Green Deals und die EU-Regionalförderung sind zugleich als Instrumente einer antizyklischen Konjunktur- und Stabilitätspolitik der EU und ihrer Mitgliedsstaaten zu nutzen. Hierfür steht die Konzeption eines nachhaltigen Eurokeynesianismus.

Insgesamt sind für eine nachhaltige Industriepolitik der EU und deren Mitgliedsstaaten sowie für die mit dem Europäischen Green New Deal verbundene Transformationsprozesse finanzielle Mittel in erheblichem Umfang aufzubringen. Soweit möglich sollten deshalb über die Europäische Investitionsbank (EIB), die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und weitere nationale wie regionale, öffentliche wie private Kreditanstalten zusätzlich nicht nur zinsgünstige Kredite, sondern auch Beteiligungen vergeben werden. Dies umso mehr, als innovative ‚Startups’ und Unternehmen überhaupt häufig mehr an indirekten und direkten öffentlichen Beteiligungen interessiert sind, da diese zugleich ihren Kreditrahmen erweitern. Über hierfür einzurichtende, neue Investmentfonds können öffentliche Beteiligungen industrie- und regionalpolitisch zu Standortsicherungen beitragen. Durch Beteiligungen privater Anleger an öffentlichen Investment-, Struktur- und Regionalfonds auch über zu fördernde fondsbezogene und mit öffentlichen Einlagegarantien abzusichernde Vermögensbildungsmaßnahmen für Arbeitnehmer/innen ließe sich ein möglicher Mitteleinsatz noch erheblich weiter aufstocken. So ließen sich nachhaltigere Produktionsverfahren und humanere Arbeitsbedingungen durchzusetzen und zugleich neue Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnen.

Öffentliche und halböffentliche Beteiligungen sind ein bewährtes Instrument im Rahmen einer ‚Sozialen Marktwirtschaft‘ als einer „gemischten Wirtschaftsordnung“ und „mixed economy“. Der weltweit führende Automobilhersteller VW, die Salzgitter AG und Logport in Duisburg sind deutsche Beispiele für eine weitgehend gelungene Regionalförderung durch öffentliche Beteiligungen von Bund, Land wie Kommunen, v.a. im Fall von Logport erheblich unterstützt durch Fördermittel aus dem EU-Regionalfonds.

Zum Erfolg einer sozialen Marktwirtschaft damit zum ‚Wirtschaftswunder’ haben in der Bundesrepublik Deutschland öffentliche Beteiligungen vielfach und auch für die EU beispielhaft entscheidend beigetragen. Zudem sind diese von Fall zu Fall sogar mit Gewinn rückhol- und somit revolvierbar, und ähnlich wie abgesicherte und konditionierte Kredite ziehen sie deshalb meist keine dauerhafte zusätzliche öffentliche Verschuldung nach sich. Weiterhin stehen neu und zusätzlich geschaffene Infrastrukturen und Unternehmensbeteiligungen als reale Gegenwerte zur Verfügung. Hinzu kommen insbesondere bei öffentlich aufzunehmenden Krediten niedrige, teils und zeitweilig sogar unter Inflationsraten liegende Zinssätze. Risiken sind bei Beteiligungen überdies durchweg geringer, als bei einer Vergabe nur von Krediten und Bürgschaften oder gar direkten Zuschüssen. Zugleich kann soweit notwendig und angebracht korrigierend Einfluss auf Unternehmenspolitiken genommen werden, u.a. über eine zu erweiternde Mitbestimmung. Verfehlte und wenig nachhaltig-soziale Entscheidungen und Entwicklungen lassen sich so verhindern und sinnvolle Investitionen wie Innovationen unterstützen und mit voranbringen.

Antragsteller: Arbeitskreis Europa der SPD-Duisburg

Adressat: SPD-Bundestagsfraktion, Bundesregierung, Kommission Europapolitik beim Parteivorstand, Programmkommission, Europakommission NRWSPD, Landesvorstand NRWSPD

Der Antrag wurde angenommen