Plädoyer für einen steuerfinanzierten solidarischen ÖPNV/SPNV

Der SPD-UB Duisburg bittet die Bundestagsfraktion der SPD, sich

1. für einen steuerfinanzierten Nahverkehr und

2. den deutlichen Ausbau des Leistungsangebotes im ÖPNV und SPNV einzusetzen.

Ziel ist es, die Fahrgastzahlen in den nächsten Jahren im Sinne einer nachhaltigen Verkehrswende zu verdoppeln, um einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der notwendigen Klimaziele zu erreichen.

Begründung:

Mobilität als unverzichtbares Element der Daseinsfürsorge ist für unsere Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Wir benötigen eine ausreichende Mobilität, um soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und Partizipationsmöglichkeiten an den verschiedenen gesellschaftlichen Aktivitäten zu gewährleisten. Mobilität schafft persönliche Freiheit und Lebensqualität. Sie ist für junge und alte Menschen, sowohl in der Stadt als auch in ländlichen Regionen unverzichtbar. Sie muss vor allem für alle finanzierbar und damit verfügbar sein.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf ihrem täglichen Weg zur Arbeit auf die unterschiedlichen Verkehrsmittel angewiesen sind, ist die Mobilität von erheblicher Bedeutung. Auch für eine florierende Wirtschaft brauchen wir eine leistungsfähige Mobilität. Angesichts von Klimawandel, Verkehrswachstum, Verstädterung, demografischem Wandel und Ressourcenknappheit ist eine sozial-ökologische Verkehrswende dringend notwendig. Ohne eine deutliche Steigerung des ÖPNV/SPNV-Anteils am Modal Split ist eine Verkehrswende jedoch gesellschaftlich nicht zu erreichen.

Bisher basiert die Finanzierung des ÖPNV/SPNV beispielsweise in NRW im Wesentlichen auf drei Säulen: Nutzerfinanzierung, öffentliche Mittel von Bund und Land sowie kommunaler Defizitabdeckung. Dieses Finanzierungsmodell stößt jedoch an seine Grenzen. Zum einen ist die Tarifentwicklung/Preiselastizität nahezu erschöpft. Zum anderen können sehr viele Kommunen, insbesondere im bevölkerungsreichsten Land NRW, ihre Haushalte aufgrund bereits jetzt sehr hoher Schulden nicht mit weiteren Ausgabeposten für ÖPNV/SPNV belasten. Erschwerend kommt hinzu, dass für die Erhöhung des Modal Split Anteils enormer Investitionen für einen so verursachten Mehrbedarf in Fahrzeuge, Personal, Betriebsmittel

und Infrastruktur bedarf.

Die Bereitschaft zum Umstieg vom IV auf den ÖPNV/SPNV hängt aber auch von zahlreichen anderen Faktoren ab wie Z.B.: Pünktlichkeit, Komfort, Sicherheit, gute Vertaktung verschiedener Verkehrsträger, Verkettung unterschiedlicher Mobilitätsformen etc. Alles Faktoren, die weitere Investitionen erfordern. Sollte aber tatsächlich die Zahl der Nutzer*innen von Bus und Bahn plötzlich stark steigen, so könnte das System ohne erhebliche Steigerung der Angebotskapazitäten und den damit einhergehenden erheblichen Investitionsnotwendigkeiten die dann notwendigen Transportleistungen gar nicht erbringen. Aber bereits heute zeichnet sich beispielsweise für den größten Verkehrsverbund Europas, den Verkehrsverbund Rhein Ruhr (VRR), ab, dass die bestehenden Verkehrsverträge im SPNV, aber auch die aktuellen Verkehrsleistungen der im VRR zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen des ÖPNV bereits ab dem Jahre 2023 nicht mehr auskömmlich

finanziert sind. So geht man auch beim Nahverkehr Rheinland (NVR) davon aus, dass beispielsweise die Züge des SPNV über längere Zeit eine maximale Auslastung von 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen werden.

Zwar haben die Rettungsschirme von Bund und Ländern die Corona bedingten Mindereinnahmen für 2020 und 2021 weitgehend aufgefangen. Aber die solidarische Steuerfinanzierung von ÖPNV/SPNV muss mittel- und langfristig verstetigt werden, um zu erwartenden Einnahmeausfälle und anhaltende Unterfinanzierung aufzufangen. Sonst treten anstelle des angestrebten Ausbaus des ÖPNV/SPNV Angebotes zwangsläufig Leistungsreduzierungen. Die fatalen Folgen für die zwingend erforderliche Verkehrswende und die Einhaltung der bundesdeutschen Klimaziele sind heute schon abzusehen.

Die Deutsche Bundesbahn (DB) hatte Anfang 2020 mit dem Bund ein Investitionspaket von insgesamt 86 Milliarden Euro vereinbart, mit denen bis 2030 das gesamte Netz modernisiert werden soll. Das Jahrzehnt der Schiene wurde ausgerufen. Das Geld fließt bislang jedoch vor allem in Sanierungen.

Ein anderes Bild ergibt sich beim Blick auf den Ausbau des bundesdeutschen Autobahn- und Bundesfernstraßennetz. Schon heute ist das Straßennetz in Deutschland eines der dichtesten der Welt. Dennoch wurde auch im Jahr 2020 im „Jahrzehnt der Schiene“ der Bau von Fernstraßen mit öffentlichen Mitteln massiv vorangetrieben. Rund 125 Kilometer neue Autobahnen oder Bundesstraßen wurden erweitert oder fertiggestellt.

Wenn ÖPNV/SPNV künftig eine tragende, wenn nicht die Hauptsäule einer echten

Mobilitätswende werden soll, braucht es nicht nur nachhaltige Konzepte, sondern auch eine tragfähige Finanzierung. Und dazu gehört es auch, vermehrt Steuermittel für das System von ÖPNV/SPNV bereitzustellen.

Antragsteller: OV Rumeln-Kaldenhausen

Adressat: SPD Bundestagsfraktion

Beschlussüberprüfung: